Gibt es ein künstlerisches Exil? Welchen Anteil haben Planung und Kalkül, Zufall und Flüchtigkeit an der Entstehung von Kunstwerken und Ausstellungen? Valérie Favre (1959), international renommierte Malerin, widmet sich diesen Fragen mit einer ungewöhnlichen Ausstellung in der Berliner Galerie Pankow. Sie eröffnet ein sich stetig weiterentwickelndes Gespräch mit dem eigenen Werk sowie mit eingeladenen Künstlerinnen, Dichterinnen, Philosophinnen und Soziolog*innen. Eine bedeutende Rolle spielt bei alledem ihre geheimnisvolle Figur „La Poulinière“ …
Valérie Favre (Frankreich/Schweiz/Deutschland) im Gespräch mit den Künstler*innen Asana Fujikawa (Japan/Deutschland) und Driss Ouadahi (Algerien/Deutschland).
Ein Projekt von Valérie Favre in der Galerie Pankow
Ausstellung vom 1. April bis 7. Juni 2020 Eröffnung am 31. März 2020 um 19 Uhr
Es sprechen Annette Tietz, Leiterin der Galerie, und Valérie Favre.
Eine Dokumentation des Projektes wird nach Ausstellungsende publiziert.
Das Exil – seit Jahrhunderten Teil unserer Zivilisations- und Kulturgeschichte – ist in unserer Gegenwart als Begriff wie als Phänomen nach wie vor von hoher Aktualität. Die Künstlerin Valérie Favre, mit französischer und Schweizer Staatsbürgerschaft in Berlin lebend und arbeitend, setzt sich in der Ausstellung VALERY / PLATTFORM I / EXIL aus künstlerischer Perspektive mit dieser hochkomplexen Thematik auseinander. Dabei werden die Räume der Galerie Pankow zur Plattform eines künstlerischen Austauschs, der verschiedene Betrachtungsebenen ermöglicht.
Zusammen mit anderen ‚nomadischen Künstler*innen’ richtet Valérie Favre eine neue Perspektive auf das Thema und markiert zugleich den Kontrast zu all jenen Menschen, die aus politischen, religiösen oder/und ökonomischen Gründen fernab ihrer Herkunftsländer leben müssen. Das Exil in seinen vielfältigen Aspekten und Erscheinungsformen wird durch künstlerische Strategien und Ausdrucksmittel erforscht – als universale Erscheinung, als Moment des Flüchtigen/Ephemeren, als eng mit der Sprache verbundenes Problem, als persönlich-individuelle Frage, als Extremfall von ‚Heimatlosigkeit’.
Valérie Favre tritt dabei mit partizipativ ausgerichteten Interventionen und Installationen in einen Dialog mit eingeladenen Künstler*innen, Dichter*innen, Philosoph*innen, Soziolog*innen und mit den Besucher*innen. Zugleich hinterfragt sie mit dem Projekt gängige Konventionen der Ausstellungspraxis. Stattdessen schafft sie eine Bühne für unterschiedlichste Künstler*innen und Theoretiker*innen in einer sich stetig weiter entwickelnden Ausstellung unter Berücksichtigung der Aspekte Zeit, Zufall, Räumlichkeit und Autorschaft.
Im Rahmen der Ausstellung wird das von Favre gegründete BUREAU DES SUICIDES am 7. Mai 2020 eröffnen. Seit 2000 widmet sie sich als Künstlerin dem Thema des Freitods und entwickelte eigens dafür eine Serie von Malereien, welche im Neuen Berliner Kunstverein (Berlin, 2013) und bei Bergen Assembly (Norwegen, 2019) zu sehen war. Valérie Favre möchte ihre bisher rein künstlerische Perspektive auf das Thema nun erweitern und es aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten: soziologisch, geschichtlich, poetisch und philosophisch. Die Idee ist, mit dem BUREAU DES SUICIDES eine Art Labor ins Leben zu rufen, in welchem das Thema auf verschiedensten Ebenen erforschen werden kann.
1959 in der Schweiz geboren, avanciert Valérie Favre nach ihrer anfänglichen Theater- und Filmlaufbahn in Paris zu einer der wichtigsten Malerinnen Frankreichs und erlangte darüber hinaus international Ankerkennung. 1998 übersiedelte sie nach Berlin, wo sie seit 2006 als Professorin an der Universität der Künste lehrt. Thematische Schwerpunkte aus der Kunstgeschichte, der Literatur, der Philosophie, dem Theater und dem Film prägen ihr Werk. Valérie Favres malerischer Ansatz bewegt sich zwischen Figuration und Abstraktion und lotet die Möglichkeiten heutiger Malerei im Bewusstsein ihrer kunsthistorischen Entwicklung aus.
In ihren Gemälden untersucht Favre Themen wie die Rolle der Künstlerin in der Gesellschaft oder die traditionelle Zuordnung von Geschlechterrollen in immer neuen Kompositionen. Sie arbeitet stets gleichzeitig an verschiedenen Werkgruppen und in unterschiedlichen Medien. Ausgewählte Einzelausstellungen umfassen: Neue Galerie, Gladbach, Deutschland (2018); Musée d’art et d’histoire, Neuenburg, Schweiz (2017); Musée d’art moderne et contemporain, Straßburg, Frankreich (2015); Neuer Berliner Kunstverein, Berlin, Deutschland (2013); Kunstmuseum Luzern (2010). Im Jahr 2012 wurde Valérie Favre für den renommierten Prix Marcel Duchamp in Frankreich nominiert.
Veranstaltungen
Donnerstag, 2. April 2020, 19 Uhr Valérie Favre im Gespräch mit den Künstler*innen Vanna Karamaounas (Griechenland/Schweiz), Driss Ouadahi (Algerien/Deutschland) und Anna Schapiro (Russland/Deutschland).
Donnerstag, 23. April 2020, 19 Uhr Valérie Favre im Gespräch mit den Künstler*innen Asana Fujikawa (Japan/Deutschland), Michel Gholam und Wolfgang Prinz (Libanon/Deutschland).
Donnerstag, 7. Mai 2020, 19 Uhr Eröffnung des BUREAU DES SUICIDES Valérie Favre im Gespräch mit Thomas Macho, Kulturwissenschaftler/Philosoph, Direktor des Internationalen Forschungszentrums Kulturwissenschaften, Wien und Geraldine Spiekermann, Kunsthistorikerin, Universität Potsdam
Sonntag, 17. Mai 2020, ab 17 Uhr Poetry Dichter*innen, die etwas vortragen, sind ebenso eingeladen wie alle, die zuhören möchten. Moderation: La Poulinière
Sonntag, 7. Juni 2020, 17 Uhr Finissage
Mit Unterstützung der Schweizerischen Botschaft in der Bundesrepublik Deutschland